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Ein rechtlicher Blick auf die Qualifikation von Photovoltaikanlagenverträge

Einleitung:

Die Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Gebäudes ist nicht nur eine energetische Investition, sondern auch ein komplexes Unterfangen rechtlicher Natur. In einem wegweisenden Urteil vom 28. Januar 2020 (Aktenzeichen: 28 U 452/19) hat das Oberlandesgericht München die rechtliche Einordnung solcher Verträge klargestellt. Es betont, dass es hierbei nicht nur auf die Bezeichnung des Vertrags ankommt, sondern vielmehr auf die Natur der Leistungserbringung und die Erfolgsorientierung.

Vertragsqualifikation als Werkvertrag:

Das Gericht stellt in diesem Urteil deutlich fest, dass ein Vertrag über die Lieferung und Montage einer “schlüsselfertigen Photovoltaikanlage” als Werkvertrag anzusehen ist. Dies geschieht unabhängig von der Bezeichnung des Vertrags als “Kaufvertrag”. Die rechtliche Kategorisierung als Werkvertrag basiert vielmehr auf der Natur der Leistung und der Erfolgsorientierung. Hierbei kommt es darauf an, ob die Leistung in ihrer Gesamtheit erst nach einer gewissen Zeitdauer und einem “Probelauf” überprüfbar ist.

Vertragstypen und Bezeichnung:

Die rechtliche Einstufung eines Vertrags in bestimmte Vertragstypen, wie zum Beispiel Kauf- oder Werkvertrag, kann nicht durch die bloße Bezeichnung des Vertrags erfolgen. Diese Zuordnung zu den gesetzlichen Vertragstypen kann nicht wirksam vereinbart werden. In diesem Fall wurde ein “Kaufvertrag” geschlossen, der jedoch aufgrund der konkreten Natur der Leistung als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

Erfolgsorientierung und “Schlüsselfertigkeit”:

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der “Schlüsselfertigkeit” bei der Montage von Photovoltaikanlagen. Der Begriff suggeriert, dass die Anlage nach der Installation “betriebsbereit” ist und der Besteller sie nur noch “umdrehen” muss, um sie in Gebrauch zu nehmen. Diese Erfolgsorientierung ist ein entscheidendes Kriterium für die Einordnung als Werkvertrag. Da der Erfolg der Installation erst nach einer gewissen Zeit und Funktionsprüfung festgestellt werden kann, wird der Charakter eines Werkvertrags gestärkt.

Konsequenzen des Urteils:

Dieses Urteil des Oberlandesgerichts München hat bedeutsame Konsequenzen für Verträge über die Installation von Photovoltaikanlagen. Die klare Qualifikation als Werkvertrag unterstreicht die Erfolgsorientierung und die Komplexität solcher Projekte. Dies führt zu einer gesteigerten Verantwortung des Unternehmers für die vollständige und funktionstaugliche Errichtung der Anlage. Der Begriff “schlüsselfertig” verpflichtet den Unternehmer dazu, eine Anlage zu schaffen, die ohne weitere Eingriffe oder Verzögerungen direkt nutzbar ist.

Fazit:

Die rechtliche Einordnung von Verträgen über die Lieferung und Montage von Photovoltaikanlagen ist nicht bloß eine Frage der Bezeichnung, sondern der tatsächlichen Natur der Leistung und der Erfolgsorientierung. Das Oberlandesgericht München hat in diesem Urteil klar gemacht, dass es auf die “Schlüsselfertigkeit” und die Erfolgskontrolle ankommt, um einen solchen Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren. Dies hat Konsequenzen für die Pflichten des Unternehmers und bietet Rechtssicherheit für Besteller solcher Anlagen.

OLG München, Endurteil vom 28.01.2020 – 28 U 452/19