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In einem wegweisenden Urteil vom 21. Juli 2017 hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf eine bedeutsame Entscheidung hinsichtlich der Duldungspflicht von Blendwirkungen durch Photovoltaikanlagen von Nachbarn getroffen. Im folgenden Blogartikel wird speziell auf die Bewertung der Dauer der Blendwirkung und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen des Gerichts eingegangen.

Sachverhalt:

Der Rechtsstreit entstand, als die Kläger von den Beklagten die Beseitigung der Blendwirkung verlangten, die von der auf dem Dach der Beklagten installierten Photovoltaikanlage auf ihr Grundstück ausging. Das Landgericht wies die Klage ab, da es eine Duldungspflicht der Kläger aufgrund einer ortsüblichen Nutzung gemäß § 906 BGB annahm. Die Kläger legten Berufung beim OLG Düsseldorf ein, um die Entscheidung anzufechten.

Entscheidungsgrundlagen:

Das OLG Düsseldorf stellte fest, dass die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Beklagten eine Blendwirkung verursachte, die eine wesentliche Beeinträchtigung der Kläger darstellte. Bei der Bewertung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung legte das Gericht großen Wert auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen. Hierbei spielten verschiedene Faktoren eine Rolle, darunter die Dauer der Blendwirkung, die Intensität der Lichtreflexe und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Nutzung des Grundstücks.

Bedeutung der Dauer der Blendwirkung:

Besonders interessant war die Auseinandersetzung des Gerichts mit der Dauer der Blendwirkung. Das OLG Düsseldorf stellte anhand einer detaillierten Analyse fest, dass die Blendwirkung von der Photovoltaikanlage der Beklagten an über 130 Tagen im Jahr für bis zu 2 Stunden pro Tag auf das Grundstück der Kläger wirkte. Der Sachverständige Dr. M, der im Verfahren befragt wurde, führte aus, dass insbesondere an 104 Tagen im Jahr sogar eine besonders starke Blendwirkung auftrat, die als “Nachbilder” bezeichnet wurde. Die Kernperiode dieser Blendwirkung erstreckte sich über die Zeit vom 1. April bis zum 15. September eines Kalenderjahres.

Einfluss auf die Entscheidung:

Die Tatsache, dass die Blendwirkung an so vielen Tagen im Jahr und für beträchtliche Zeiträume auftrat, hatte einen entscheidenden Einfluss auf das Urteil des OLG Düsseldorf. Das Gericht betonte, dass die Schwelle der nur unwesentlichen Beeinträchtigung im vorliegenden Fall deutlich überschritten wurde. Die Intensität und Dauer der Blendwirkung führten zu erheblichen Nutzungseinschränkungen für das Grundstück der Kläger. Daraus folgte die Feststellung einer wesentlichen Beeinträchtigung, die eine Duldungspflicht der Kläger nach § 906 BGB ausschloss.

Schlussfolgerung:

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf unterstreicht die Bedeutung der Dauer der Blendwirkung bei der Beurteilung von Beeinträchtigungen durch Photovoltaikanlagen. Die Tatsache, dass die Blendwirkung über einen längeren Zeitraum auftrat und erhebliche Nutzungseinschränkungen verursachte, führte zur Feststellung einer wesentlichen Beeinträchtigung. Dieses Urteil zeigt, dass die Berücksichtigung der zeitlichen Aspekte von Beeinträchtigungen von großer Bedeutung ist, um eine fundierte Entscheidung im Rahmen des Nachbarschaftsrechts zu treffen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017 – I-9 U 35/17