Einleitung:
Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einem wegweisenden Hinweisbeschluss vom 26. August 2015 (Aktenzeichen: 1 U 154/14) eine klare rechtliche Position bezüglich der Bauwerksverjährung von Mängeln bei Aufdach-Fotovoltaikanlagen eingenommen. Das Gericht entschied, dass Mängel einer auf dem Dach eines Stallgebäudes installierten Fotovoltaikanlage nicht unter die Bauwerksverjährung fallen. Diese Feststellung hat erhebliche Auswirkungen auf das private Baurecht und wirft ein Licht auf die Verjährungsfristen und Haftungsfragen im Zusammenhang mit solchen Anlagen.
Sachverhalt:
Der vorliegende Fall beinhaltet einen Rechtsstreit zwischen einem Kläger und einem Beklagten, in dem es um Mängelansprüche im Zusammenhang mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach eines Stallgebäudes geht. Der Kläger behauptet, dass die Dacheindeckung mangelhaft war und Schäden durch fehlerhaft gesetzte Schraubenlöcher an den Wellplatten entstanden seien. Das Landgericht wies die Klage ab, da vertragliche Ansprüche aufgrund der Verjährung nicht mehr durchsetzbar seien und es an einer Eigentumsverletzung für deliktische Ansprüche fehle. Dagegen legte der Kläger Berufung ein.
Entscheidungsgründe:
Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte in seinem Hinweisbeschluss die Entscheidung des Landgerichts und begründete seine Entscheidung ausführlich. Es wies darauf hin, dass die Verjährungsfrist für Mängelansprüche nicht anwendbar sei, da es sich bei der Fotovoltaikanlage nicht um ein Bauwerk handle. Die Definition eines Bauwerks im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) umfasst eine unbewegliche Sache, die durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellt ist und eine wesentliche Bedeutung für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Nutzbarkeit eines Gebäudes hat. Da die Fotovoltaikanlage keine eigene Verbindung zum Erdboden aufweist und keine wesentliche Bedeutung für das Gebäude besitzt, könne sie nicht als Bauwerk eingestuft werden. Selbst wenn Eingriffe in die Gebäudesubstanz erforderlich seien, ändere dies nichts an der fehlenden Bauwerksqualität der Anlage.
Das Gericht betonte, dass der Mangelunwert, der durch die fehlerhaft gesetzten Schraubenlöcher entstand, nur den Vertragsansprüchen unterliege und nicht als Eigentumsverletzung gewertet werden könne. Ein Deliktsanspruch könne nur geltend gemacht werden, wenn das Integritätsinteresse des Bestellers verletzt sei. Da die fehlerhaft gesetzten Schraubenlöcher im Rahmen der Montage der Fotovoltaikanlage entstanden seien und den Mangelunwert der Leistung darstellten, seien sie nicht als Eigentumsverletzung anzusehen.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass die arglistige Verschwiegenheit eines Mangels voraussetze, dass der Leistende sich des Mangels bewusst sei. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte den Mangel nicht arglistig verschwiegen, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass ihre Mitarbeiter sich der Mangelhaftigkeit ihrer Arbeit bewusst waren.
Folgen des Urteils:
Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig hat weitreichende Konsequenzen für Mängelansprüche bei Aufdach-Fotovoltaikanlagen. Es klärt, dass solche Mängel nicht unter die Bauwerksverjährung fallen und ermöglicht somit eine klarere rechtliche Einordnung der Verjährungsfristen und Haftungsfragen im Zusammenhang mit solchen Anlagen. Das Urteil schafft Rechtssicherheit für die beteiligten Parteien im privaten Baurecht und ermöglicht eine fundierte Beurteilung von Mängelansprüchen bei Aufdach-Fotovoltaikanlagen.
Fazit:
Das wegweisende Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig stellt klar, dass Mängel einer auf dem Dach installierten Fotovoltaikanlage nicht unter die Bauwerksverjährung fallen. Es bietet eine umfassende rechtliche Begründung und Klarstellung zu den Verjährungsfristen und Haftungsfragen im Zusammenhang mit solchen Anlagen. Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf das private Baurecht und schafft Rechtssicherheit für die beteiligten Parteien. Es ermöglicht eine fundierte Beurteilung von Mängelansprüchen und trägt zur weiteren Entwicklung der Rechtsprechung auf diesem Gebiet bei.
OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 26.08.2015 – 1 U 154/14



